Die Arbeitsschritte in der 3D-Modellierung und dem 3D-Druck im FDM-Verfahren am Beispiel eines Bauteils
Der 3D-Druck hat sich mittlerweile in vielen Bereichen als wertschöpfende Technologie etabliert, die in vielen Bereichen von der Industrie bis hin zum Hobbybereich Anwendung findet. In diesem Blogpost werden wir die grundlegenden Arbeitsschritte der 3D-Modellierung und des 3D-Drucks im FDM-Verfahren (Fused Deposition Modeling) anhand eines Beispielteils – eines Dämpfers für RÖSLE-Küchenschienen – erläutern. Die folgenden Schritte sind essenziell, um ein präzises und funktionsfähiges Endprodukt zu erhalten. Natürlich können im Produktdesign weitere Schritte wie das Customizing oder das Ergänzen des Bauteils folgen, wir fokussieren uns in diesem Post auf die essenziellen Schritte in der additiven Fertigung von Ersatzbauteilen. Besonders im Prototyping müssen diese Schritte oft mehrmals wiederholt werden, um eine perfekte Passung zu gewährleisten.
1. Vermessung & Erstellung von Handskizzen
Der erste Schritt bei der Erstellung eines 3D-gedruckten Objekts ist die präzise Vermessung und Dokumentation der gewünschten Abmessungen. Dies kann durch direkte Messungen am Originalobjekt oder durch detaillierte Planungszeichnungen erfolgen. Werden Planskizzen vom Auftraggeber eingereicht, liegt das Risiko der Passung des finalen Bauteils beim Auftraggeber, da die Passung des Bauteils nicht validiert und erprobt werden kann.

Handskizzen spielen eine wichtige Rolle, um eine klare Vorstellung des Teils zu entwickeln und die Dimensionen festzulegen. Diese Skizzen dienen als Grundlage für die digitale Modellierung.
Beispiel:
Für unser Beispielteil messen wir zunächst die Höhe, Breite, Tiefe und alle relevanten Details wie Löcher, Aussparungen, Erhebungen, Oberflächenmuster oder Befestigungspunkte. Diese Maße werden in einer Handskizze festgehalten, die uns beim nächsten Schritt unterstützt.
2. 3D-Modellierung und Übertragung der Abmessungen
Nach der Erstellung der Handskizzen folgt die digitale 3D-Modellierung. Hierbei nutzen wir Software wie Blender, Tinkercad, Freecad oder Fusion 360, um das physische Objekt in ein digitales 3D-Modell zu verwandeln.
Die Abmessungen aus den Handskizzen werden in das 3D-Modell übertragen, um sicherzustellen, dass das digitale Modell exakt den Spezifikationen entspricht. Dies erfordert ein präzises Arbeiten und eine gute Kenntnis der Modellierungssoftware. Es ist hier essenziell, zu wissen, welche Besonderheiten und „Denkansätze“ die jeweilige Software verfolgt – und an welchen Stellen ggf. später Nachschärfungen passieren müssen. Da 3D-Objekte relational aufgebaut sind, kann das Verändern von Ebenen, Parametern wie Dicke, Höhe oder Durchmesser von Vertiefungen das gesamte Objekt zerstören und für die weitere Bearbeitung unbrauchbar machen.

Beispiel:
In der Modellierungssoftware erstellen wir das 3D-Modell von unserem Bauteil und übertragen die zuvor gemessenen Dimensionen. Wir achten darauf, dass alle Details wie Bohrungen und Aussparungen genau positioniert sind.
3. Export einer Gitternetzdatei (STL-Datei)
Sobald das 3D-Modell fertiggestellt ist, wird es in eine Gitternetzdatei, meistens im STL-Format (Stereolithography), exportiert. Diese Datei enthält alle geometrischen Informationen des Modells und ist das Standardformat für den 3D-Druck. Für den 3D-Druck sind Elemente optimal, die aus wenigen Polygonen zusammengesetzt sind. Runde Teile benötigen meist länger und werden u.U. weniger präzise, da sie in viele kleine Polygone heruntergerechnet und in winzige Abstufungen überführt werden. Jede Abstufung bedeutet im FDM-Verfahren ein Beschleunigen und Abbremsen des Extenders und senkt erheblich die mögliche Druckgeschwindigkeit.
Beispiel:
Das 3D-Modell von unserem Bauteil wird als Nächstes als STL-Datei exportiert. Diese Datei kann nun in die Slicer-Software – zum Beispiel Cura oder andere herstellerspezifische Slicer importiert werden.
4. Konfiguration des Slicers für die Herstellung
Der nächste Schritt ist die Konfiguration des Slicers. Ein Slicer ist eine Software, die das 3D-Modell in Schichten aufteilt – also quasi zerschneidet und diese Modelle logisch zusammensetzt – und die Druckanweisungen für den 3D-Drucker erstellt. Hier werden wichtige Parameter wie Schichthöhe, Füllmuster, Druckgeschwindigkeit, Temperatur von der Extruderdüse und dem Druckbett und weitere Detailparameter eingestellt. Auch Informationen über das Handling des Drucks selber – also beispielsweise ob in gesamten Schichten über das Druckbett oder erst einzelne Objekte gedruckt werden sollen wird im Slicer im GCODE der Druckdatei festgelegt.

Beispiel:
Für unser Küchen-Bauteil verwenden wir den Slicer Cura und konfigurieren die folgenden Einstellungen:
- Schichthöhe: 0,08 mm
- Füllmuster: 50% Gitter
- Druckgeschwindigkeit: 60 mm/s
- Extrudertemperatur: 230°C
- Betttemperatur: 40°C
5. Export und Fertigung
Nachdem der Slicer konfiguriert ist, exportieren wir die GCODE-Datei, die die Druckanweisungen für den 3D-Drucker enthält. Sie beschreibt im Grunde, wie sich Druckkopf und Druckbett zueinander im Koordinatensystem verhalten sollen. Diese Datei wird auf den 3D-Drucker übertragen, der den Druckprozess startet.

Beispiel:
Die GCODE-Datei wird auf eine SD-Karte oder per Netzwerk an den 3D-Drucker übertragen. Der Drucker beginnt mit dem Druckprozess und baut nach Aufheizen der Druckbauteile das Objekt Schicht für Schicht auf.
6. Nacharbeiten durchführen
Nach dem Druck ist das Teil möglicherweise noch nicht fertig für den Einsatz. Es können Nacharbeiten wie Glätten der Oberflächen, Entfernen von Stützstrukturen und Entgraten erforderlich sein, um eine einwandfreie Passform und Ästhetik zu gewährleisten.

Beispiel:
Das gefertigte wird von der Druckplatte entfernt. Stützstrukturen werden mit einer Zange, einem Entgrater oder einem Skalpell entfernt, und die Oberfläche wird abhängig vom eingesetzten Filament geglättet, um eine bessere Optik und Haptik zu erzielen. Das kann auf chemischer Basis z.B. über das Bedampfen mit Aceton oder über feine Schleifarbeiten stattfinden.
Wiederholung der Schritte im Prototyping
Im Prototyping ist es oft notwendig, die oben genannten Schritte mehrmals zu durchlaufen, um die Passgenauigkeit und Funktionalität des Teils zu optimieren. Kleine Anpassungen in den Abmessungen oder den Druckeinstellungen können notwendig sein, um ein perfektes Ergebnis zu erzielen. Auch die Wahl des Materials kann ein erheblicher Gamechanger sein, wie wir in unserem Beispiel feststellen mussten.


Beispiel:
Nachdem der erste Prototyp von unserem Bauteil getestet wurde, stellen wir fest, dass ein anderes Material besser geeignet ist, da das Bauteil stark gebogen werden muss. Unser erster Prototyp wurde in PLA gefertigt und ist zwar 100% passgenau, es zeichnen sich allerdings bereits erste Verfärbungen an den Biegestellen ab. Einige Druckeinstellungen im Slicer müssen daraufhin angepasst werden, da wir nicht mehr das später steife PLA verwenden, sondern mit TPE zu den Thermoplasten greifen, welche sich gummiartig und flexibel verhalten. Wir passen die Parameter im Slicer an, exportieren eine neue GCODE-Datei, und fertigen einen weiteren Prototyp. Dieser hat keine Probleme mehr mit der Biegung und dämpft nun zudem noch akustisch besser, da er flexibler ist. Unser Bauteil ist damit fertig für die Kleinserienproduktion. In diesem Fall wurden 30 weitere dieser Teile in Auftrag gegeben und im Nachgang gefertigt.
Fazit
Die 3D-Modellierung und der 3D-Druck im FDM-Verfahren erfordern eine sorgfältige Planung und präzises Arbeiten. Vom ersten Entwurf über die digitale Modellierung bis hin zum fertigen Druckteil sind mehrere Schritte notwendig, die oft im Prototyping-Prozess wiederholt und in dem einzelne Planungen mehrfach überarbeitet werden müssen, um eine perfekte Passung zu erreichen. Mit Geduld und Sorgfalt können jedoch beeindruckende und funktionale 3D-gedruckte Objekte entstehen.

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