Im Smart Home ist eine sichere und zuverlässige Vernetzung von Geräten ein Muss, um eine reibungslose Funktionalität und eine einfache Steuerung gewährleisten zu können. Hier kommt der Funkstandard Zigbee ins Spiel. Zigbee ist ein offener Funkstandard, der speziell für die Verwendung in Smart Homes entwickelt wurde. Die Zigbee-Alliance (siehe Link), eine Gemeinschaft führender Unternehmen im Bereich der vernetzten Geräte, hat Zigbee entwickelt und baut den Standard weiter aus.

Grundlagen von Zigbee als Funkstandard

Zigbee bietet eine Reihe von Vorteilen für Smart Home-Umgebungen, darunter niedrige Kosten, niedriger Stromverbrauch und eine meist einfache Installation. Zigbee-Geräte können miteinander kommunizieren, ohne dass eine kabelgebundene Verbindung erforderlich ist, was die Flexibilität und den Einsatzort erhöht. Die hohe Interoperabilität von Zigbee-Geräten bedeutet, dass Geräte von unterschiedlichen Herstellern problemlos miteinander kommunizieren und ein Gerät mit zentraler Gateway- bzw. Bridge-Funktionalität diese steuern können, was die Benutzerfreundlichkeit erhöht. Zigbee funkt auf dem 2,4 GHz- und 868 MHz-Band bzw. in Einzelfällen dem 915MHz-Band.

Geräteklassen

Zigbee unterscheidet Geräte in zwei unterschiedliche Kategorien:

  • Full Function Device (FFD): Ein FFD beherrscht den kompletten Protokollstack und kann mit RFDs und weiteren FFDs kommunizieren. Im klassischen Netzwerk wäre dies vermutlich am ehesten ein Router oder Server.
  • Reduced Function Device (RFD): Ein RFD ist weniger komplex und kann nur mit einem FFD kommunizieren. Im klassischen Netzwerk wäre dies vermutlich am ehesten ein Client.

Security by default

Mit AES-GCM-128 ist Zigbee auf mehrere Arten gesichert worden. Im Standard IEEE 802.15.4 ist dies näher beschrieben, kurz zusammengefasst ist darin u.A. spezifiziert, dass mit AES-128 nicht nur die Daten, also der Payload des Datenpaketes bzw. Frames verschlüsselt wird, sondern ebenso dessen Datenintegrität validiert wird (“data validaion”).

Zigbee-Frame (Quelle: Libellium Zigbee Networking Guide)

Dafür kommt ein sog. Message Integrity Code (MIC) bzw. ein Message Authentication Code (MAC) zum Einsatz, der an die Daten angehängt wird und die Integrität von Hardware-MAC-Adresse und Payload validiert. Das genutzte Verfahren wird AES-CTR genannt und ist in der folgenden Grafik näher beschrieben.

AES-CTR Encryption Frame (Quelle: Libellium Zigbee Networking Guide)

Zusätzlich zum IEEE 802.15.4-Standard werden zwei weitere Sicherheitsverfahren verwendet: Network & Application Security. Es gibt in dem Verfahren drei Arten von Keys:

Master Keys: Auf jedem Zigbee-Knoten vorinstalliert mit der Funktion, den Link-Key-Austausch zwischen zwei Knoten abzusichern. Dafür wird das Verfahren Key Establishment Procedure (SKKE) verwendet.

Link Keys: Einzigartig innerhalb eines Knotenpaares. Auf Basis des Application Levels werden diese Keys verwaltet. Für die Verschlüsselung der Daten zwischen zwei Geräten werden diese Keys verwendet. Aus diesem Grund benötigen Zigbee-Geräte einen höheren lokalen Speicher.

Network Key: Ein einzigartiger 128-Bit-Key, welcher innerhalb des Zigbee-Netzes mit allen Geräten geteilt wird. Generiert wird der Key von einem Trust Center und in unterschiedlichen Intervallen neu generiert. Jeder Knoten muss den Network-Key erhalten, um Teil des Netzwerkes zu werden. Meist ist im Pairing-Prozess dies einer der Schwachstellen im Knoten-Onboarding in Zigbee-Netze. Sobald das Trust Center die Keys neu generiert, wird der neu generierte Key verschlüsselt durch den alten im Netzwerk verteilt. Wurde der Network Key in einem Zigbee-Knoten aktualisiert, wird der Frame-Counter genullt. Üblicherweise ist das Trust Center der Koordinator im Zigbee-Netz, also zumeist die Bridge oder das Gateway, es kann allerdings auch nach Standard ein eigenständiges Gerät sein. Seine Aufgabe ist die Validierung und Authentifizierung neuer Geräte im Zigbee-Netzwerk.

Wie verbreitet ist Zigbee eigentlich?

Der Standard Zigbee wird von einer Reihe von führenden Herstellern eingesetzt, darunter Philips Hue, Samsung SmartThings, IKEA Tradfri, LIDLs Silvercrest-Gateway, Amazons Echos und viele weitere. Diese Unternehmen nutzen Zigbee, um eine breite Palette von Geräten anzubieten, darunter Lichtsteuerungen, Thermostate, Sicherheitssysteme und vieles mehr. Durch die Unterstützung von Zigbee durch eine Vielzahl von Herstellern ist es einfach, ein vollständig vernetztes Smart Home-System aufzubauen, das auf die individuellen Bedürfnisse angepasst werden kann.

Zigbee-Alliance-Partner (Quelle: CSA/Zigbee Alliance)

Leider bedeutet dies nicht, dass jedes Gerät eines jeden Herstellers miteinander reibungslos funktioniert und jede vom Hersteller oder Entwickler vorgesehene native Funktion auch mit Drittanbieterlösungen funktioniert. In der Praxis haben sich bei mir Schalt-Messsteckdosen und Farbvariationen als nicht einheitlich geregelt dargestellt. Teils werden sie zwar erkannt, teils aber auch nur das. Ein Schalten und vor allem “advanced features” wie das Auslesen und Weiterreichen von Telemetriedaten funktioniert meist nur mit Geräten aus dem gleichen Ökosystem des jeweiligen Herstellers.

Zigbee-Zertifizierungen bis 2021: Zigbee 3.0 ist bereits weiter verbreitet als Smart Energy & vollständig mit dem Standard übereinstimmende Plattformen (Quelle: CSA/Zigbee Alliance)

Zigbee und WLAN im Vergleich

Im Nachgang folgt ein kurzer Vergleich zu WLAN, was wohl die verbreitetste drahtlose Technologie in Heimnetzen zu Zeit der Veröffentlichung dieses Artikels ist (DECT als quasi reiner Telefoniestandard ausgenommen). Der Vergleich ist zwar treffend, da es sich um drahtlose Standards handelt, allerdings ist es auch ein wenig David gegen Goliath, da WLAN bereits seit den 1990er-Jahren standardisiert und seit den frühen 2000er-Jahren etabliert ist. Außerdem lag lange der Fokus im WLAN in der Erhöhung möglicher Bandbreiten, dem Auffächern in Spatial Streams zum Enablement von gleichzeitigen räumlichen Datenströmen zur Vervielfachung von Datenraten, vom einen Access Point bis hin zu Full-Mesh-Systemen sowie controllerbasierten Netzwerken und Access Point-Cluster- bzw. Schwarmverbundsystemen hat WLAN bereits eine deutlich längere Historie als Zigbee.

Ganz wichtig: Der Fokus bei der Entwicklung von Zigbee als Standard lag nie in der Maximierung der Datenrate, sondern in der latenzarmen IoT-Kommunikation. Dabei müssen meist keine großen Datenmengen versandt werden, aber die Latenz, also die Reaktionszeit vom Auslösen eines Aktors oder Schalters bis z.B. eine Lampe angeht hat hier eine deutlich höhere Priorität in der Entwicklung des Standards genossen, als es bei WLAN der Fall war, was ursprünglich nur für latenzirrelevante Anwendungen und asynchrone Kommunikation wie E-Mails konzipiert worden ist.

Nachteile gegenüber WLAN als Trägerstandard

  • Übertragungsgeschwindigkeit: Zigbee hat eine deutlich geringere Übertragungsgeschwindigkeit als WLAN, was bedeutet, dass es nicht geeignet ist, große Datenmengen zu übertragen, wie es bei Video-Streaming oder umfangreichen Downloads der Fall ist. Das war allerdings auch nie das Ziel des Standards.
  • Übertragungsreichweite: Zigbee hat eine geringere Übertragungsreichweite als WLAN, was bedeutet, dass es schwieriger sein kann, eine flächendeckende Abdeckung im gesamten Haus zu erreichen. Allerdings ist im Zigbee-Standard bereits ein Repeater-Mode für Zigbee-Knoten vorgesehen, der dies kompensieren soll.
  • Abhängigkeit von einem Hub/Gateway: Zigbee-Geräte müssen in der Regel mit einem zentralen Hub verbunden sein, um zu funktionieren, während WLAN-Geräte direkt mit dem WLAN-Router oder einem Access Point über ein bestehendes IP-Netzwerk verbunden werden können. Wenn der Hub ausfällt oder aus irgendeinem Grund nicht (mehr) funktioniert, können Zigbee-Geräte nicht mehr funktionieren.

Vorteile gegenüber WLAN als Trägerstandard

  • Niedriger Stromverbrauch: Zigbee-Geräte haben einen sehr geringen Stromverbrauch im Vergleich zu WLAN-Geräten, was sie ideal für den Einsatz in batteriebetriebenen Geräten macht. Zigbee-Geräte können mit einer 3V-Batterie gut und gerne mehrere Monate bis zu einem Jahr auskommen. Das schafft kein WLAN-Gerät heutiger Standards.
  • Niedrigere Kosten: Zigbee-Geräte sind in der Regel günstiger als WLAN-Geräte, da weniger Daten an den Knotenpunkten verarbeitet werden müssen, was günstigere Hardware in der Masse einsetzbar macht und es Benutzern ermöglicht, ein Smart Home-System zu einem erschwinglichen Preis aufzubauen.
  • Bessere Interoperabilität: Zigbee-Geräte sind so konzipiert, dass sie untereinander kommunizieren und Schaltungen steuern können, unabhängig davon, welcher Hersteller sie produziert und entwickelt hat. Im Vergleich dazu kann es bei WLAN-Geräten Probleme geben, wenn sie von unterschiedlichen Herstellern stammen bzw. halbfertige Standards umgesetzt und zu früh auf den Markt gebracht werden. Man denke an das Chaos an “draft-n”-Geräten, da der Standard noch nicht fertig spezifiziert war, aber erste Hersteller mit halbfertigen Geräten auf den Markt drängten.
  • Geringere Latenz: Zigbee-Geräte haben eine deutlich geringere Latenz als WLAN-Geräte, was bedeutet, dass sie schneller auf Befehle reagieren und eine reibungslosere Steuerung ermöglichen. Wer will schon gerne 20s warten, bis ein Licht im Raum angeht, in den man eintritt?
  • Übertragungsreichweite: Zigbee hat eine kürzere Übertragungsreichweite als WLAN, aber es kann in einer größeren Anzahl von Geräten verwendet werden, ohne dass die Leistung beeinträchtigt wird. Außerdem kann Zigbee einfach mehrere Knotenpunkte hinzufügen, um eine größere Abdeckung zu erreichen, da der Standard einen Repeater-Mode jedem Zigbee-Device hinzufügt. Kurz gesagt: Mehr Geräte, mehr Abdeckung. Im Vergleich zu WLAN, was zumeist mit Repeatern eher verschlimmbessert wird, ist Zigbee bereits so konzeptioniert worden, dass Zigbee-Knoten sich gegenseitig erreichen und die Signale mit geringer Latenz weiterleiten können.

Die Übertragungsreichweite ist Vor- und Nachteil gleichzeitig? Wie geht das? WLAN ist von einem Point-to-Point-Standard zu einem Point-to-Multipoint-Standard entwickelt worden. Zigbee ist direkt als Full-Mesh-System designed worden, welches an einem Hub bzw. Gateway oder einer Bridge (jeder Hersteller verwendet hier sein eigenes Wording) zusammengeführt und in andere Protokolle (z.B. Ethernet, HTTPS etc.) übersetzt wird. Die geringe Reichweite des Standards wird durch eine Vermaschung der Knotenpunkte und die Signalverstärkung durch jeden einzelnen Knoten kompensiert. Somit kann ein systemischer Nachteil in der Reichweite gegenüber einem nicht für die Signalverstärkung ausgelegten Systems (WLAN) gut ausgeglichen werden.

Koexistenz von Zigbee & WLAN

Das eine Netz hat einen anderen Zweck als das andere. Somit ist eine Koexistenz durchaus wahrscheinlich und in den meisten Fällen sogar notwendig. Allerdings stören sich Zigbee und WLAN zumindest im 2,4GHz-Band gegenseitig. Die Kanalbreite ist bei Zigbee (5 MHz) allerdings deutlich schmaler als sie es bei WLAN heutzutage (20 MHz oder 40 MHz) ist. In Europa haben wir 13 nutzbare WLAN-Kanäle und 16 nutzbare Zigbee-Kanäle. Bluetooth rangiert mit stolzen 79 nutzbaren Kanälen weit darüber, verfügt aber nur über eine Kanalbreite von 1 MHz.

Im 2,4 GHz-WLAN gibt es genau drei nicht überlappende Kanäle (1,6,11). Genau in diese Kanäle funkt auch Zigbee rein. Die Zigbee-Kanäle 11-22 überlappen mit den Kanälen 1,6,11 aus dem WLAN. Warum das aber nur halb so tragisch ist? Zigbee verfügt über die Möglichkeit, auch im Sub-GHz-Band zu funken. Das muss allerdings der Hersteller auch implementiert haben. Viele “Billig-Zigbee-Produkte” sprechen leider nur im 2,4 GHz-Band. Was also tun, um WLAN und Zigbee genug Raum zu geben? Üblicherweise plant man WLAN-Netzwerke in Wabenform, sodass Kanäle 1,6 und 11 sich möglichst nicht selbst direkt begegnen. Lässt man einen der Kanäle aus, ist mehr Platz für Zigbee-Geräte. Also sind folgende Kombinationen in diesem Kontext sinnvoll:

  • WLAN-Kanäle 1 + 11, Zigbee-Kanäle 16,17,18,19 im 2,4 GHz-Band
  • WLAN-Kanäle 6 + 11, Zigbee-Kanäle 11,12,13,14 im 2,4 GHz-Band
  • WLAN-Kanäle 4 + 9, Zigbee-Kanäle 11,12,25,26 im 2,4 GHz-Band

Matter voraus!

Die Definition von Matter als SmartHome-Standard der Zukunft (Siehe Link) ist bereits getroffen worden. Zigbee ist Teil der Matter-Spezifikation und somit sehr zukunftsträchtig. Auch hier handelt es sich wieder um ein Konsortium unterschiedlichster Hersteller, welche das Ziel haben, die Welt für Verbraucher einfacher und für die Systeme untereinander operabler zu gestalten.

Als eines der elementaren Protokolle wurde Zigbee aufgenommen, was für den Standard ein sehr gutes Zeichen ist und eine lange Nutzbarkeit der Geräte verheißt. Nichtsdestotrotz wird nicht jedes Matter-Gerät Zigbee sprechen und nicht jedes Zigbee-Gerät 1:1 in einer Matter-Umgebung funktionieren. Aber vermutlich nahezu. Wir dürfen gespannt bleiben, wie die Praxis aussieht.

Als Beispiel hat Philips bereits bekannt gegeben, dass es keine Matter-Zertifizierung für neue Hue-Lampen geben wird. Es wird lediglich – aber dafür verlässlich – die Philips Hue Bridge ein Matter-Update erhalten. Somit sind Hue-Leuchtmittel Matter-kompatibel, sofern sie an einer Hue Bridge betrieben werden. Zwischen der Bridge und den Lampen wird die Kommunikation aber weiterhin über Zigbee laufen. Das muss aber nicht nur Nachteile mit sich bringen, sondern bietet auch die Möglichkeit, nicht alle Lampen und Leuchtmittel ersetzen zu müssen, nur um einem neuen Standard hinterherzujagen.

Mein Fazit zu Zigbee

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Zigbee ein wichtiger, wenn nicht einer der wichtigsten Funkstandards für das Smart Home ist, der eine einfache und kosteneffektive Vernetzung von Geräten ermöglicht. Durch die Unterstützung durch eine Vielzahl von Herstellern ist es einfach, ein Smart Home-System aufzubauen, das auf die individuellen Bedürfnisse angepasst werden kann. Zudem ist mit Matter dem Konsortium ein großer Schritt nach Vorn gelungen, wenngleich es dauern wird, bis jeder Gerätetyp in Matter verfügbar und praktikabel nutzbar ist. Dass Zigbee Teil des Ganzen ist, zeigt dass nicht nur die Zigbee-Alliance selbst sondern auch der Markt nach einem solchen einheitlichen Protokoll und Standard gerufen hat und mit Matter erhört worden ist.

Besonders der Security-by-default-Ansatz deutet auf eine aktuelle und zeitgemässe Entwicklung hin. In jeder Produktentwicklung muss Sicherheit eine Kernkomponente sein – steckt sie bereits im Standard, um so besser.

Zigbee hat noch eine lange Zukunft im SmartHome-Umfeld vor sich und wird vss. keine Nischenlösung, sondern eine der Kernfunktionen künftiger Bridges, Hubs und Gateways im SmartHome-Umfeld etlicher Hersteller darstellen. Zigbee-Gateways bzw. Bridges funktionieren allerdings nur über ein Underlay-Netzwerk, also ein vorhandenes LAN oder WLAN bzw. BLE. Es ist also kein “Entweder WLAN oder Zigbee”, sondern in jedem Fall ein “WLAN und Zigbee”, da Zigbee nicht für heute in Nutzdaten-Netzen übliche Bandbreiten vordringen kann – und es auch nicht soll. Sondern latenzarm Telemetriedaten und Steuerbefehle übermitteln. Und das kann es gut.

Andere Leser kauften auch