Apple CarPlay in der Praxis

Nach den ersten Monaten CarPlay-Nutzung möchte ich meine Erfahrungen in Bezug auf Apps und deren Integrationen teilen.

CarPlay als Bindeglied zwischen Auto und iPhone

Bisher ist CarPlay quasi das Autosmartphone auf Entwicklungsstand des ersten iPhones. Fancy, manches ist toll und intuitiv – und bei manchen Sachen fragt man sich, was die Entwickler vornehmlich der Apps dafür für tolle Pillen genommen haben, dass sowas da rauskommt.

Wie stabil läuft CarPlay?

Stabilität ist im Umfeld von Fahrzeugen und Transport, aber insbesondere beim Personentransport einer der wichtigsten wenn nicht der wichtigste Aspekt. Alleine die Ablenkung, die automatisch Eintritt, wenn das Weiterschalten eines Songs nicht klappt, der Touchscreen einfach die Berührung nebenbei nicht wahrnimmt oder sich das System aufhängt, muss in so einem Umfeld minimiert oder eigentlich genullt werden.

Ich persönlich bin kein Freund von Touchscreens im Auto. Zumindest nicht dort, wo wichtige Funktionen nicht „einfach und intuitiv“ oder mit Risiko des Nichtfunktionierens umgesetzt werden. Drehregler sind meist für Lautstärke und gut strukturierte Menüs gar nicht verkehrt, haptisch ohne den Blick von der Straße abzuwenden erfühlbar und kostengünstig.

Man muss aber Apple zugute halten, dass CarPlay wirklich stabil läuft und auch mit Updates meist keine Verschlechterung eintrat. Das ist nicht selbstverständlich und darf gerne hier einmal erwähnt werden. Lediglich zwei Mal fiel CarPlay aus. Einmal musste das iPhone vollständig neugestartet werden, einmal reichte ein Zündung aus, Zündung an bzw. ein Disconnect des Lightningkabels.

CarPlay während der Fahrt

Während der Fahrt ist CarPlay aufs Wesentliche reduziert und bietet nur die Informationen, die dann wirklich wichtig sind. Oder die Informationen, die Apple in dem Kontext als wirklich wichtig einstuft.

Aufs Wesentliche reduziert: CarPlay-Kartennavigation

Es kann eine Ankunftszeit, die Dauer in Stunden oder Minuten bis zur Ankunft und die verbleibenden Entfernungskilometer anzeigen. Zudem findet man sehr übersichtlich die Autobahnschilder inkl. Spuranweisungen bzw. Straßennamen und die Entfernung zur nächsten Routen-Etappe wieder.

Mittlerweile werden sogar Ampeln und teils Stoppschilder angezeigt – was in der Praxis sehr gut funktioniert. Was bisher beim Fahren zu Verwirrung führt, sind hingegen die eigentlich gut gedachten aber momentan scheinbar noch nicht zuverlässigen Geschwindigkeitsbegrenzungen, eingeblendet als eben solches Straßenschild. Hier werden bisweilen Geschwindigkeiten angezeigt, die nichtmal im Entferntesten den geltenden entsprechen. Vermutlich folgt hier mit der Zeit noch eine Konkretisierung, wohin diese Geschwindigkeiten gehören.

Aktuell sollte man sich also nicht nur auf die Anzeige im Display verlassen, sondern auf die tatsächliche Beschilderung. Solange das autonome Fahren noch nicht massentauglich etabliert wurde, sollte das natürlich bei jedem Navigationssystem selbstverständlich sein, da technische Fehler so möglich sind, aber der Fahrer nach wie vor verantwortlich bleibt.

Die Sache mit den Integrationen

Super ist doch, dass mittlerweile schon so viele Apps eine CarPlay-Unterstützung mitbringen. Oder?

Leider heißt „Die App unterstützt CarPlay“ nicht immer das, was man darunter verstehen würde. Ein paar Beispiele aus der Praxis:

  • Spotify – bisher eine der besten nicht-nativen Integrationen in CarPlay. Es können zuletzt gehörte Playlists, Interpreten und Podcasts gehört werden und innerhalb der Listen hat man zumindest Zugriff auf die nächsten Titel. Vom Aufbau könnte die Listenansicht etwas kleinere Elemente und dafür mehr auf einmal anzeigen, man möchte hier aber vermutlich auch ältere oder optisch beeinträchtigte Nutzer abholen.
  • EasyPark – eigentlich eine tolle Möglichkeit, spontan von unterwegs noch ein Ticket zu lösen und genau zu sehen, wann es abläuft. Da wäre es naheliegend, dass man eben diese Buchung schon beim Parkvorgang vornehmen könnte. Oder man könnte sich die günstigsten Parkmöglichkeiten oder welche mit/ohne Höhenbegrenzung anzeigen lassen. Bulli- und Wohnmobilfahrer würden es einem danken, nicht unnötig erneut rumkurven zu müssen, um einen Fahrzeug-kompatiblen Parkplatz ausmachen zu können. Oder wenigstens das per Siri-Sprachbefehl angeben wäre toll. Doch leider präsentiert sich die EasyPark-App als bis dato völlig nutzloses Icon auf dem Auto-Display mit CarPlay und tut… nichts. Schade. Oder: Liebe EasyPark-Entwickler: Sowas wäre grandios! Hier liegt Potential auf der Straße oder auf den Parkflächen. Vielleicht ja bald mit Preisinfos je Stunde für Parkflächen? Eine Empfehlung? Auswahl des parkenden KFZ? Starten/Stoppen der Parkdauer? Irgendwas? Ich freue mich auf innovative Neuerungen!
  • Google Maps – integriert sich toll, allerdings ist die Navigation, um einen Kontakt anzusteuern etwas hakelig. Hier hat die native Apple Karten-App die Nase durch die gute Siri-Integration vorn.
  • Nokia HERE Maps – mein Favorit für Auslandsreisen oder in Gebieten ohne Internetanbindung. Die Routenführung ist manchmal gewöhnungsbedürftig, dafür kann für alle Teile der Welt kostenlos das Kartenmaterial runtergeladen und offline navigiert werden. Lediglich Stauinformationen und Warnungen zu aktuellen Vorkommnissen können dann nicht ausgegeben werden. Verkraftbar, wenn man kein Volumen mehr hat oder kein Mobilfunknetz, aber GPS verfügbar ist. Auch hilfreich ist das Warnlimit bei Geschwindigkeitsüberschreitungen. Wo diese in Deutschland meist verhältnismäßig günstig geahndet werden, wird man in der Schweiz oder in Skandinavien mit deutlich höheren Strafzahlungen zur Kasse gebeten.
  • Microsoft Teams – Mittlerweile kann man in MS Teams via Siri jemanden anrufen. Das war alles. Es wäre hilfreich, hier zumindest die letzten Konversationen, ggf. eine Terminübersicht mit “beitreten” oder “Teilnehmer informieren” oder Ähnliches zu haben. Es bietet Raum für mehr.
  • Zoom – Zumindest eine Übersicht über anstehende Meetings bietet Zoom hier dem Fahrenden an. Mehr als Teams, aber auch nicht üppig, die Funktionsvielfalt für Zoom-Konferenzen im Auto. Aber: Wo Teams quasi ein umfassendes Multifunktions-Mobile-Office mit Messenger, Telefon- und Konferenzfunktion sowie inhaltlichen Kanälen bietet, ist Zoom eben “nur” ein Tool für geplante Meetings. Das können sie.

Microsoft Teams: Ein Trauerspiel in CarPlay

Mehr Apps habe ich bisher nicht bewertbar testen können. Einige – aber nicht alle Messenger – bieten auch Integrationen. Diese sind allerdings oft auch nur auf Anruf- oder Kurznachrichten optimiert. Threema und Signal bieten bisher keinerlei Integration, wohingegen WhatsApp und Telegram eine Grundfunktionalität (Anrufen, kurze Nachrichten per Siri beantworten) beinhalten.

Was ist aktuell für CarPlay angekündigt? Was geht schon?

Seit iOS 16 ist es in CarPlay grundsätzlich möglich, sich Spritpreise sowie Mautgebühren oder Pannenhilfe von Drittanbieter-Apps in der Region anzeigen oder assistiert zukommen zu lassen. Die Podcasts-App hat mehr auf dem Kasten und liefert jetzt Einzelepisoden, sofern sie vorher runtergeladen worden sind. Die Integration soll künftig tiefer ins Fahrzeug reichen, sodass auch Informationen aus internen Datenquellen, wie CANBUS etc. über das KFZ ausgewertet und angezeigt werden können. Das ist bisher aber in vielen Fällen (zumindest bei Bestandsfahrzeugen) noch Zukunftsmusik.

Auch wenn CarPlay unglaublich praktisch ist und viel “gewohnten Komfort” bietet, ist es noch nicht das ultimative Navitainment-System für das Auto. Das hat unterschiedliche Hintergründe: Es fehlen für einzelne Datenquellen bei Bestandsfahrzeugen oft die Hardwareschnittstellen. Es war ursprünglich angedacht, das iPhone ins Auto zu bringen und Funktionen daraus im Auto verfügbar zu machen, wohingegen künftig eine bidirektionale Verbindung und eine iPhone-2-Car sowie eine Car-2-iPhone-Kommunikation in Kinderschuhen steckt – die wiederum viel mehr Möglichkeiten bietet, als ein – einfach ausgedrückt – größeres Display und der Schnellzugriff über eine Sprachsteuerung mit Tonausgabe über das KFZ-Lautsprechersystem. Das “next big thing” in Sachen CarPlay wird also vermutlich ein Auslesen von KFZ-Interna ermöglichen, was wiederum technische und vor allem sicherheitsrelevante Hürden mit sich bringt.

Hintergründe zu langsamer CarPlay-Entwicklung

Zudem ist es eine Frage der APIs, also der Schnittstellen, die das iOS-CarPlay-Universum Entwicklern Möglichkeiten eröffnen, Funktionen darin abzubilden. Keine API, kein Datenaustausch. Das macht es Entwicklern schwerer, ggf. innovativere Applikationen in CarPlay zu überführen, die dann auch noch nutzbar sein sollen. Was zu guter Letzt noch fehlt ist natürlich die Innovationskraft der App-Entwickler selbst, ihre Anwendung für CarPlay zu optimieren und dann auch noch attraktiv zu integrieren. Es muss schließlich alles einfach, schnell und unkompliziert beim Fahren möglich sein. Das ist vermutlich eine der größten Hürden neben der technischen Machbarkeit: Einfachheit in einer mittlerweile komplexen und optionsoffenen Welt.