Nachdem einiges an Gerüchten, Halbwahrheiten und Vermutungen durch das Internet geisterte, was die tatsächliche Leistung der UniFi 6-Serie und das Verhältnis von Bruttodatenrate zum reellen Durchsatz angeht und ich den Vergleich aus der beruflichen Praxis mit anderen Herstellern (Cisco, Aruba, Fortinet/Meru) habe, wollte ich diese Messungen nicht der Welt vorenthalten.

Sicherlich sind die UniFi-Geräte in einem semiprofessionellen Level unterwegs, definitiv aber nicht auf Enterprise-Niveau. Auch wenn ich von den Produkten (für Privat!) viel halte, bin ich kein Fanboy und kenne genug andere Access Points, die grade im Unternehmens-Einsatz deutlich mehr Features aufweisen, eine ganze Ecke performanter unterwegs sind und z.B. die Einbindung von 3rd-Party-Gastsystemen (Captive Portals) oder Indoor-Ortung (RTLS) möglich sind. Nichtsdestotrotz sind die Access Points für zuhause eine gute, preisgünstige Alternative ohne laufende Kosten und den Zwang eine Cloud-Lösung zu betreiben. Wer mal abseits der UniFi-Schiene im WLAN-Umfeld gucken mag, dem kann ich die Aruba InstantON-Serie (Cloud-Management, keine laufenden Kosten) wärmstens empfehlen. Mittlerweile ähnlich intuitiv, steuerbar via App oder Webinterface und hardwareseitig der “kleine Bruder” der 500er-Serie von Aruba.

Zum Testaufbau

Ich habe zum Testen als einziges WiFi6-Gerät mein iPhone 12 (WiFi6, 2×2 MIMO) zur Hand gehabt, als der UniFi 6 Lite-AP ankam, somit habe ich die Tests damit durchgeführt. Meine iPerf3-Instanz läuft in einer virtuellen Umgebung an meinem zentralen Switch, daran angebunden sind Access Points und weitere Clients etc. mit 1 Gbit/s. Da ich nur über eine 100 Mbit/s-DSL-Leitung verfüge, ist der Test ins Internet hinsichtlich der reinen WLAN-Performance in meinem Fall nicht aussagekräftig, weshalb ich von öffentlichen iPerf-Servern und jeglichen Speedtest-Apps Abstand genommen habe. Ich habe mit jeweils 1m Abstand zum AP in einer städtischen Umgebung mit ca. 17 anderen SSiDs (vermutlich im Peak 50 Stück wenn ich Flixbusse und jedes vorbeifahrende Audi-MMI/BMW-Connect etc. mitzählen würde). Sprich: Definitiv keine Laborumgebung und die beste Umgebung, um zu testen, was wirklich davon übrig bleibt, was Hersteller als theoretischen Datendurchsatz (Bruttodatenrate) angeben. Netto bleibt nämlich gar nicht mehr soviel übrig – allerdings im WiFi6- bzw. IEEE 802.11ax-Standard ein großes Stück mehr als bei vorherigen Standards.

Performancemessungen

Bei den Messungen lag (wie zu erwarten) der WiFi6-AP deutlich vorn. Auch wenn das noch weit von den maximalen in Standards fixierten Laborwerten entfernt ist, ist das Brutto/Netto-Verhältnis deutlich besser. Zu verdanken haben wir das dem Verfahren ODFMA, was im Vergleich zum vorherigen MU-MIMO die Frequenzen in Unterträger einteilt und somit effizienter mit großen Datenmengen – erst Recht bei hoher Gerätedichte – umgehen kann.

Im Schnitt konnte ich 506 Mbit/s mit dem FlexHD erreichen, was bezogen auf die maximale Geschwindigkeit bei der Nutzung von 4×4 Spatial Streams noch wenig ist. Man darf dabei nicht außer Acht lassen, dass das iPhone nur 2×2 Streams unterstützt, daher gar nicht die 100% erreicht werden können, die möglich wären. Wie immer kommt es hier aufs die Bezugsgröße an, um es vergleichen zu können. Nehmen wir statt den 1733 Mbit/s mal die mit dem iPhone maximal im IEEE 802.11ac-Standard maximalen 433 Mbit/s je Stream für die Vergleichbarkeit zu Rate. Bezogen auf den UniFi 6 Lite wären das je Stream maximal 600 Mbit/s. Dazu kommt natürlich, dass der neue IEEE-Standard 802.11ax schon je Stream mehr Durchsatz mitbringt.

Gemessene WerteUniFi FlexHD (4×4 MU-MIMO)UniFi 6 Lite (2×2 OFDMA)
Durchsatz (min.)378 Mbit/s565 Mbit/s
Durchsatz (avg.)506 Mbit/s739 Mbit/s
Durchsatz (max.)604 Mbit/s804 Mbit/s
Verhältnis (min) zu max. Datenrate43,65 % (2x 433 Mbit/s max.)47,08 % (2x 600 Mbit/s max.)
Verhältnis (avg) zu max. Datenrate58,43 % (2x 433 Mbit/s max.)61,58 % (2x 600 Mbit/s max.)
Verhältnis (max) zu max. Datenrate69,75 % (2x 433 Mbit/s max.)67,00% (2x 600 Mbit/s max.)
UniFi FlexHD vs. UniFi 6 Lite (gemessen mit 2×2-Stream-iPhone 12)

WiFi 6 in der Praxis

Das Brutto-Netto-Verhältnis verbessert sich bereits bei der Nutzung von nur einem Client (ausgenommen vom Maximalwert, den ich in dieser Messung als Ausreißer vernachlässigen würde). Grade in Umgebungen mit mehreren Geräten, die gleichzeitig Daten, vielleicht gar Echtzeitdaten übertragen, ist der Gewinn in den meisten Fällen vermutlich erheblicher als bei einem einzelnen Client. Zudem möchte ich hier anmerken, dass der UniFI 6 Lite das Einstiegsmodell der WiFi6-Geräte ist und voraussichtlich nebst dem bereits verfügbaren UniFi 6 LR (4×4-Stream OFDMA mit theoretischen 2400 Mbit/s), der ein gutes Mittelklassegerät ist, einige noch performantere Geräte folgen werden.

Warten oder zuschlagen?

Wie so oft stellt man sich hier vermutlich die Frage, ob man noch warten sollte oder bereits zuschlagen kann. Entwicklung wird es immer geben, neue Geräte werden immer wieder alte ablösen, die Zyklen werden – grade im WLAN-Umfeld – aufgrund der rasanten Entwicklung immer kürzer. Wenn es darum geht, zuhause performanter zu arbeiten – grade im Städtischen mit viel umliegenden Netzen – dann würde ich jetzt den Schritt nach vorne gehen und den UniFi 6 Lite anschaffen. Mit ca. 70-100€ ist der sein Geld in jedem Fall wert. Vom UniFi 6 LR würde ich aktuell noch absehen und abwarten, bis sich die Preise eingependelt haben, da es aktuell kaum Geräte mit mehr als 2×2 OFDMA-Streams in privaten Haushalten gibt.

Die aktuellen Smartphones und Tablets (Mittelklasse bis Oberklasse) kommen bereits jetzt mit 2×2 OFDMA und WiFi6 raus, Notebooks gibt es bereits auch erste mit 2×2 OFDMA, aber den Mehrwert von 4×4 OFDMA vs. 2×2 OFDMA wird man vermutlich erst zu spüren bekommen, wenn die nächste oder übernächste Notebook-/Macbook-Generation rauskommt, die auch 4×4 OFDMA mitbringt. Und bei den meisten Nutzern werden die Geräte dann nicht bereits am Veröffentlichungsdatum, sondern einige Wochen, Monate, vielleicht Jahre später im heimischen Netzwerk einziehen.