Der Traum von der drahtlosen Kommunikation ist in Teilen bereits real geworden. Mal eben Mails checken, ohne den klobigen Rechner am Arbeitsplatz anzuschmeißen und zu warten, bis er hochgefahren und startbereit ist? Das war gestern! Heute wird spontan auf dem Sofa, im Zug, im Büro oder im Auto nach Mails geschaut! Wie? Gute Frage… Da sich die Menschheit für jedwedes Szenario mittlerweile eine Lösung zur Drahtloskommunikation überlegt hat, bleiben viele Möglichkeiten offen. Sei es das Tablet oder Smartphone auf dem Sofa, das die Informationen aufbereitet, eine Smartwatches oder andere Wearables, die beim Laufen Informationen anzeigen oder das Multimedia-Entertainmentsystem mit Internet-Zugang und Navi im Auto – das Internet ist mittlerweile nur noch schwer aus dem Alltag wegzudenken. Wenn man sich in eine beliebige Stadtbahn setzt, sieht man mindestens drei telefonierende Leute, mindestens zwei die über ein Tablet oder Smartphone spielen und mindestens einen, der seine digitale Bücherwand in Form eines eBook-Readers in der Hand hält. Sind das alles Sonderlinge, die nicht mehr kommunizieren können? 
Ich habe vor einigen Jahren die Erfahrung gemacht, dass das Bahnfahrvolk von Stadt zu Stadt sehr, sehr unterschiedlich sein kann. In Hannover, Hildesheim und Braunschweig beispielsweise sind eher die stillen Mitfahrer vorherrschend, die sich maximal in Kleingruppen unterhalten – es sei denn, es stand oder steht ein größeres Sport- oder Musik-Ereignis an. Es ist sehr selten, dass man als Mitfahrer mal angesprochen wird oder ein Gespräch von einem Mitfahrer positiv aufgefasst und fortgeführt wird.
In Hamburg und Berlin ist die Mentalität da eine andere. Wenn man an der Sternschanze in Hamburg einsteigt und spätestens in den nächsten 4 Minuten keiner ein Gespräch mit einem beginnt oder man selbst einen Fahrgast anspricht, fällt man dort schon auf.
Doch wie entwickelt sich dieser kulturelle Umgang im Bezug auf die neuen Alltagsbegleiter und Allzeitquälgeister iPhone, iPod, kindle paperwhite, Galaxy Tab und co.? Die Kommunikation mit Fremden ist deutlich zurückgegangen innerhalb der letzten drei Jahre. Man merkt sehr wohl, dass einstige Luxusgüter, wie es die Vorreiter aus dem Hause Apple – dem iPhone und dem iPod – mittlerweile in der Gesellschaft angekommen sind und munter genutzt werden. Hielt man in den ´90er-Jahren noch einen Herrn in Hemd und Sakko mit einem Handy am Ohr für einen totalen Snob, ist ein jugendlicher ohne Smartphone, MP3-Player und großer Mattscheibe total out.
Sicher ist es unglaublich uncool, unhandlich und unpraktisch, wenn man so ein altes klobiges Notebook mit sich herumträgt, das nach 1,5 Stunden fernab des Stromnetzes bereits den Geist aufgibt, doch gehen einige Features und einiges an Kompatibilität nach und nach verloren, je kleiner die Geräte werden. Die Anzahl an Anschlüssen an Ultrabooks ist im Vergleich zum klassischen Notebook schon um ein erhebliches Maß geschrumpft, bei Tablets wird das noch einmal drastisch gen 0 gesenkt. Was bleibt also? Netzwerkkabel? Für den Normalanwender in Zeiten von WLAN-Standards 802.11n und 802.11ac, UMTS und ausgestorben. Kopfhörer und Headsets? Werden über Bluetooth verbunden. Genau wie eine Maus. Und ein Trackpad. Und die Tastatur. Kreditkarten und co.? Werden nach und nach vermutlich in ein digitales Standard-Wallet á la Passbook zusammengefasst. Laufwerke sind auch rar geworden. An Tablets und Ultrabooks so oder so Fehlanzeige – doch selbst in Standard-Notebooks werden immer seltener Laufwerke aufgrund der Größe, des Gewichtes und der Akkulaufzeit verbaut. Doch ist drahtlos und “medienlos” wirklich so vorteilhaft? Die Technologien, die uns die Mobilität garantieren, schränken sich leider auch zum Teil gegenseitig ein. Ein Beispiel dafür ist das WLAN. Kein Mensch hätte vor 15 Jahren gedacht, dass Mikrowellen und Wetter-Radar erhebliche Störer in der Netzwerkkommunikation darstellen können. Ein einsames WLAN im Empfangsbereich wird auch von der Übertragungsgeschwindigkeit her den meisten Anforderungen, meist auch Streaming, standhalten. Wenn man allerdings in einer Gegend lebt, in der es mehr SSiDs um einen herum gibt, als die Straße Straßenlaternen hat, ist es schnell vorbei mit dem Traum von dem Highway on air. Ich hoffe, dass bei all dem technischen Fortschritt die Bevölkerung noch mitbekommt, dass es auch physikalische Grenzen gibt, die die Existenz eines 26. WLANs im Umkreis von 150 Metern deutlich erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen.
Werden wir wirklich irgendwann alle drahtlos leben? Ladung via Induktion ist mittlerweile möglich, sodass Apple bald auch das Kabel zum Laden des Gerätes vollständig wegrationalisieren könnte. Kochen tun wir teils mit Induktion, HP hat es mit dem Palm Pre ebenfalls bewiesen, dass Induktion salonfähig ist – wenn es bezahlbar und von der Käuferschaft akzeptiert wird. Leider wird es erst bezahlbar, wenn es von der Käuferschaft akzeptiert und gekauft wird – und die meisten Kunden kaufen nunmal leider erst, wenn es bezahlbar geworden ist.
Die Finanzierung und die Physik sind zwei schwere Laster, die die Entwicklung und der internationale Markt zu tragen haben. Ich denke zwar, dass wir und unsere Gerätschaften in naher Zukunft noch drahtloser werden, nicht aber, dass wir vollständig auf das gute alte Kabel verzichten können.
Selbst wenn jeder Anwender mit der Übertragungsrate von heutigen drahtlosen Standards zufrieden wäre, was oft noch nicht der Fall ist, da mit steigenden Übertragungsraten auch die Inhalte nachwachsen, würde weiterhin die Kerninfrastruktur, der Backbone, das Routing und Switching weiterhin Kabel benötigen. Der Informationsfluss ist mittlerweile so breit und schnell geworden, dass es wohl kaum reichen wird, Server über WLAN oder direkt per LTE anzubinden. Zudem ist da noch der Punkt der Hochverfügbarkeit. Drahtlose Kommunikation unterliegt immer äußeren Gegebenheiten und schwankt je nach Luftdruck, Temperatur, Wetterlage, Auslastung des Mediums “Luft”, anderen Teilnehmern und Störquellen erheblich. Server sind mittlerweile zumeist geclustert und verfügen über mehrere Netzwerkzugänge zugleich zu unterschiedlichen Netzwerken – und sind im besten Fall redundant an unterschiedlichen Stromkreisen gebunden. Die Umsetzung der “Verdrahtlosung” wird deshalb grade in diesen und in Hochprioritätsbereichen wie z.B. Krankenhäusern und Notfallmeldezentralen erheblich später stattfinden, wenn sie überhaupt verwirklicht wird.
Ich bin ein Fan von Mobilität und bin trotzdem Verfechter des Kabels. Warum? Performance und Verfügbarkeit! Momentan sind die gebundenen Medien (Kupfer, LWL) erheblich performanter und stabiler als die drahtlosen (WLAN, Bluetooth, NFC, UMTS, LTE). Wenn mein WLAN ausfällt, kann ich problemlos ohne WLAN mit dem Netzwerkkabel arbeiten – andersrum wird das allerdings schwieriger. Sicher werden iPad und co. keine RJ-45-Buchsen mehr verpasst bekommen – aber das brauchen sie auch nicht, denn für die Kommunikation, die momentan auf diesen Geräten ausgeübt wird (Mailen, Instant Messaging und gelegentliche Video-Konferenzen), reicht die Geschwindigkeit aus. Das Streamen mit einem 802.11n-Router/Access Point in FHD oder 4k ist dahingegen noch reine Glückssache. Aus diesem Grund ist ein Kabel mehr manchmal gar nicht so schlecht – auch wenn es vielleicht nicht ganz so ästhetisch wirkt, wie ein völlig ungebundenes Tablet.
Die Kommunikation an sich wird durch die Technisierung deutlich vorangetrieben – allerdings bleibt der soziale Aspekt leider oft auf der Strecke, da nur wenige die Medien vernünftig vermitteln und nutzen können – und die, die es vielleicht schon sehr früh können, spalten die Meinung der Gemeinschaft. Sollte ein Vierjähriger schon Apps herunterladen können oder muss er es vielleicht sogar schon früher können, um mit seinen gleichaltrigen Digital Natives auf einem Level zu bleiben? Solche und weitere Fragen stehen oft unbeantwortet im Raum – meist, weil bisher nicht genug Erfahrung gesammelt werden konnte.
Was denkt Ihr? Wird es nahtlos drahtlos? Wenn ja wo oder wo vielleicht auch gerade nicht?
Schreibt´s in die Kommentare!
Euer
– nugaxstruxi